Die Verputzarbeiten

Schon von alters her werden Fachwerkhäuser innen wie außen verputzt. Ursprünglich verwendete man Lehmputz. Außen bedeckte er die Ausfachungen, innen gefachüberde-ckend die ganzen Wandflächen. Lehmputze haben an den Außenwand- und Wetterseiten jedoch einen entscheidenden Nachteil: Sie sind nicht schlagregenfest und mussten immer wieder nachgebessert werden. Deshalb verwendete man später (immerhin seit mehr als 1000 Jahren) Weißkalkputze für die Außengefachflächen und erreichte damit eine über mehrere Jahrzehnte beständige wetterfeste Schutzschicht.

Seit Beginn des 19.Jahrhunderts sollte der Außenputz auch ästhetische Aufgaben erfüllen. Besonders in den Städten waren Fachwerkhäuser nicht mehr zeitgemäß und wurden gering geschätzt. Bürgerhäuser, die den Wohlstand ihres Besitzers repräsentieren sollten, wurden als Massivhäuser aus Ziegel- und Naturstein erbaut. Zum Ende des 19.Jhs. entstanden reich verzierte Stuckfassaden. Um bestehende Fachwerkhäuser dem Geschmack der Zeit anzupassen und aufzuwerten, wurden sie mit Fachwerk überdeckenden Putz- und Stuckverkleidungen versehen. Der Quaderputz war bis ins 20.Jh. eine beliebte Standardvariante. Wem dies nicht genügte, verkleidete die Fachwerk-Konstruktionen seines Hauses mit aufwändigen Stuckfassaden, profilierten Gesimsbändern, Stuckornamenten, Pfeilervorlagen und Lisenen, mit Tür- und Fensterfaschen. Imitation lag auch damals schon im Trend.

Auch der Innenputz war geeignet, zu zeigen, wer man war. Besonders die gute Stube wurde häufig mit einem Gipsstuck-Deckenputz versehen. Im Deckenmedaillon ließ sich das Familienwappen platzieren und die Reichhaltigkeit der Deckenprofile und Ornamente dokumentierte den Wohlstand einer Familie.

So sehr man sich auch bemühte, sein Fachwerkhaus aufzuwerten und mit der Zeit zu gehen, so wenig Bestand hatten solche Veränderungen. Schon nach wenigen Jahren zeigten sich Risse. Es entstanden Hohlstellen, ganze Putzteile lösten sich von der Fachwerk-Wand oder der Decke. Bis dahin gesunde Balken begannen plötzlich zu faulen und weitere, bisher unbekannte Bauschäden bildeten sich in kürzester Zeit. Ihr gemeinsamer Auslöser war das elastische Verhalten der Fachwerk-Konstruktion. Die entstandenen Risse ließen Feuchtigkeit in das Außenwandgefüge eindringen und der ganzflächige Außenputz behinderte das ›Atmen‹ der Wände. Feuchtigkeit sammelte sich und der Fäulnisprozess begann zwangsläufig.

Dramatisch wurde die Zunahme der Schäden aber erst durch die Verwendung von Zement seit Beginn des 20.Jhs. Eindringende Feuchtigkeit konnte nicht mehr austrocknen Lehm- und Weißkalk-außenputz Ästhetische Funktion derFassadenverkleidung und der Fäulnisprozess beschleunigte sich rapide. Die Fassade eines Fachwerkhauses ist für einen vollflächigen Putz nicht geeignet, ebenso wenig die einfachen weichen Holzbalkendecken, die für eine schwere, starre Zusatzlast – etwa die einer Stuckdecke – nicht ausgelegt sind.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Putze am Fachwerkhaus müssen nicht immer zerstörerisch wirken, sie können durchaus sinnvoll sein. Ein geeigneter Außenputz der Ausfachungen kann dem Fachwerkhaus einen zusätzlichen Witterungsschutz geben. Ein geeigneter Innenputz kann zur Steigerung der Wohnqualität entscheidend beitragen. Die richtigen Putze können den Bestand eines Fachwerkhauses für viele Jahrzehnte sichern.

Um Folgeschäden zu vermeiden, sollte man sich aber immer auf das Notwendige beschränken und stets das richtige Material an der richtigen Stelle verwenden. Grundsätzlich ist es relativ einfach, Fehler zu vermeiden, wenn man über ein wenig Materialkenntnis verfügt und die bereits bekannten Grundsätze beherzigt:
  • Zement ist für die Balken wie Karies für die Zähne;
  • der Außenwandaufbau sollte homogen, hoch atmungsaktiv und hohlraumfrei sein.

Zusammensetzung und Zubereitung des Putzes

Putzmaterialien
Putzmörtel bestehen in der Regel aus:
  • Bindemittel
  • Zuschlagstoff
  • Wasser.
Geeignete Bindemittel sind:
  • Lehm
  • Sumpfkalk
  • Weißkalkhydrat
  • Trasskalk.
Ungeeignete Bindemittel für den Einsatz an Fachwerkhäusern sind:
  • Gips
  • hochhydraulischer Kalk
  • Zement
  • Trasszement.
Die gebräuchlichsten Zuschlagstoffe sind:
  • Putz- oder Mauersand
  • Rheinsand oder Flusssand (Grobanteile bis ø 3mm)
  • Silber- oder Quarzsand
  • Fasern (textil oder pflanzlich).
Putze erhärten entweder durch Trocknung (nicht wasserfest) oder durch einen chemischen Umwandlungsprozess (wetterfest). Die meisten Fertigputze sind für die Verwendung in Fachwerkhäusern nicht geeignet, da sie Gips oder Zement enthalten und dadurch zu dicht und zu hart werden.
 
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