Fachwerkhäuser
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Die Fachwerkkonstruktion
Das tragende Gerüst eines Fachwerkhauses ist die Fachwerkkonstruktion. Sie besteht aus dem Ständerwerk der Außenwände, der Innenwände, der Giebeldreiecke und aus dem Balkenwerk der Decken. Der Dachstuhl, der in die oberste Deckenbalkenlage eingebunden ist, muss als eigenständige Einheit gesehen werden, obwohl auch er mit der darunter liegenden Fachwerk-Konstruktion fest verbunden ist und mit dieser ein statisches Ganzes bildet.Im Wesentlichen bestehen alle Teile eines solchen Holzständerwerkes aus Eiche oder Nadelholz. Verbunden sind die Balken untereinander allein durch Holzverbindungen. Stahl- bzw. Eisenteile wie Bolzen, Nägel, Schrauben, Anker und Winkeleisen gehören nicht in ein solches Ständerwerk; sie sind auch (mit ganz wenigen Ausnahmen) nicht nötig.
Dauerhafte Stabilität nurdurch Holzverbindungen
Abb. 38: Fachwerk-konstruktion
des 16.Jhs. während der Sanierung. Ein Großteil der historischen Balken wird unter Anwendung traditioneller Verfahren ersetzt.
In der Regel gibt es für jeden Anschlusspunkt gleich mehrere passende Holzverbindungen. Der Vorteil liegt auf der Hand. Für die Errichtung einer Fachwerk-Konstruktion war und ist nur ein Material und eine Handwerkszunft nötig: Holz und Zimmerleute.
Der Zimmermeister entwarf das Fachwerkhaus nach den Wünschen des Bauherrn. Ein Architekt oder gar ein Statiker waren nicht erforderlich. Das statische System war eigentlich immer das Gleiche und ließ sich wie ein Baukastensystem beliebig erweitern. Der Zimmermeister und seine Gesellen wussten, wie statische Probleme zu lösen waren. Sie hatten es von ihren Lehrherren gelernt und gaben ihr Wissen und Können an die folgenden Generationen weiter. Das wurde über mehr als 1.000 Jahre so gehandhabt. Empirische Statik nennt man das – Wissen aus Erfahrung. Berechnet wurde nichts!
Fachwerkkonstruktionen haben allerdings einen Schwachpunkt: die Feuchtigkeit, wenn sie hinein, aber nicht wieder heraus kommt. Sie führt zu Fäulnisschäden. Diesem Manko kann man mit geeigneten Maßnahmen jedoch wirksam begegnen:
- mit konstruktivem Holzschutz, d.h. alle Verbindungen untereinander und mit anderen Bauteilen werden so vorgenommen, dass Feuchtigkeit nicht ins Gefüge gelangen bzw. schnell wieder abtrocknen kann;
- mit der Auswahl der richtigen Holzteile für den jeweiligen Einbauort, d.h. das Holz sollte abgelagert sein, Splintholz darf niemals die Außenseite bilden, Streben sollten gebogen gewachsen sein (vgl. Abb. 43) und dergleichen mehr;
- mit der Wahl geeigneter Ausfachungsmaterialien. Diese sollten homogen, hoch atmungs-aktiv, kapillar wirksam und nicht zu hart sein;
Äußerlich sind nur Rissschäden im Putz erkennbar. Das wirkliche Ausmaß der Schäden an der Fachwerkkonstruktion wird erst nach dem Entfernen der Gefachfüllungen erkennbar. Der Pfeil markiert den Balken auf Abb. 40 nach seiner Freilegung.
- mit der sach- und fachgerechten Pflege eines Fachwerkhauses gemäß den in diesem Buch aufgezeigten Lösungsvorschlägen.
Stumpfstöße und Montagewinkel sind ungeeignet
Stumpfstöße und Montagewinkel haben in einer Fachwerk-Konstruktion nichts verloren. Der Einbau von Montagewinkeln ist einer der schlimmsten und häufigsten Fehler, den man bei einer Fachwerk-Sanierung begehen kann. Diese Winkeleisen, die mit relativ kurzen Stahlnägeln an die zu verbindenden Balken genagelt werden, sind für eine dauerhafte Fachwerk-Sanierung völlig ungeeignet, weil sie den Dreh-, Verwindungs- und Schiebekräften der großvolumigen Balken nicht gewachsen sind und weil die Stahlnägel ein ganz anderes thermisches Verhalten haben als das sie umgebende Holz. An den Nägeln wird sich in der kalten Jahreszeit die Holzfeuchtigkeit als Wasser niederschlagen. Um die Nägel herum wird das Holz daher leicht faulen. Die Nägel verlieren dabei nach und nach den festen Halt im Holz und die Verbindungen werden weich und locker. Eine Fachwerk-Sanierung mit Montagewinkeln ist deshalb nur sehr kurzlebig. Ich bezeichne das als Kulissenbau, und der gehört nach Hollywood.
Wenn man sein Fachwerk-Haus in diesem Leben nur noch einmal sanieren möchte, kommt nur eine zimmermannsmäßige Instandsetzung mit den althergebrachten Holzverbindungen in Frage.
Abb. 40:
Der Balken nach seiner Freilegung
Alles andere ist herausgeworfenes Geld, denn spätestens nach zehn Jahren fängt man wieder von vorne an.
Ende der Ledeseprobe!
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