Fachwerkhäuser
restaurieren - sanieren - modernisieren
Maler- und Anstricharbeiten
Schon früh in der Geschichte des Fachwerkhauses wurden Wände, Decken, Fenster und Türen mit Farben und Anstrichen versehen. Obwohl vordergründig als Wetterschutz gedacht, dienten sie natürlich auch der Verschönerung des Hauses. Diese ästhetische Bedeutung wurde in der Folgezeit immer höher bewertet, ohne dass man dabei geringere Ansprüche an die Schutzfunktion stellte.In den vergangenen Jahrhunderten standen für diesen Zweck nur wenige geeignete Materialien mit recht geringer Lebensdauer zur Verfügung. Oft musste man nachbessern; besonders Außenwandanstriche wurden meist jährlich erneuert. Fenster, Türen, Tore, Luken, Klappflügel und dergleichen wurden mit dünnflüssigen, pigmentierten Leinöllasuren gestrichen. Die Sichtseiten der Fachwerkbalken wurden entweder ebenso behandelt oder einfach wie die Gefachflächen mit einer veredelten Kalkfarbe (Kaseinfarbe) überstrichen.
Alle diese Anstriche erhielten den Bauteilen die Atmungsfähigkeit (vgl. Hinweis auf S. 33) – eine der Grundbedingungen für eine lange Haltbarkeit und für einen funktionierenden Wandaufbau der Fachwerkhäuser.
Die Zimmerer- und Schreinermeister verwendeten in den nördlichen Regionen in der Regel Eichenholz, im Süden vorrangig gut abgelagertes Nadelholz. Sie hatten reiche Erfahrungen im konstruktiven Holzschutz. Damit schufen sie die Voraussetzungen für eine lange Lebensdauer der von ihnen gefertigten Holzbauwerke. Historische Fertigungsweisen und Materialien waren fein aufeinander abgestimmt – ein entscheidender Faktor für die hohe Haltbarkeit dieser Häuser. Die vermeintlich geringe Qualität der historischen Materialien wie Holz, Lehm, Kalk, Leinöl usw. wurde ausgeglichen durch die ideale Harmonie bei gegenseitiger Ergänzung der Materialeigenschaften und durch hohes handwerkliches Können.
Die Anstrichmaterialien
Bereits die Anwendung ungeeigneter Anstrichmaterialien kann zu Bauschäden an einem Fachwerkhaus führen. Schichtbildende, dichte Farben, Lacke, Dispersionen usw., die hervorragend für Anstricharbeiten am Neubau und bei Sanierungsmaßnahmen an Massivhäusern geeignet sind, können am Fachwerkhaus eine verheerende Wirkung entfalten. Der Grund liegt nicht in der Qualität dieser Produkte, sondern in ihren bauphysikalischen Eigenschaften.
Dekorative Anstriche
dienen auch dem repräsentativen Erscheinungsbild eines Fachwerk-hauses.
Viele der Anstrichmaterialien bieten zwar einen guten Wetter- und Emissionsschutz, sie sind meist aber sehr dicht und kaum diffusionsfähig. Das Fachwerkhaus als Holzständerbau muss atmen können, der Außenwandaufbau muss diffusionsfähig sein und ein Feuchteaustausch muss möglich bleiben. Daher sind viele handelsübliche Materialien für die Verwendung an Fachwerkhäusern ungeeignet.
Inzwischen gibt es jedoch eine Anzahl neu entwickelter, moderner Anstrichprodukte, die diese Anforderungen erfüllen. Ideal ist nach wie vor auch die Verwendung historischer Anstrichmaterialien, die besonders im Innenbereich heutigen Ansprüchen durchaus gerecht werden. Sie sind deutlich preiswerter als die meisten Industrieprodukte.
Eine höhere Diffusionsfähigkeit einer Fassadenfarbe hat nicht etwa einen verminderten Wetterschutz zur Folge. Das Gegenteil ist der Fall. Zu dichte Fassadenfarben werden häufig durch den im Wandaufbau herrschenden Dampfdruck von innen her abgesprengt. Es kommt zu Blasen, Rissen und zum Abblättern des Anstrichs, weil Feuchtigkeit nur auf diesem Weg nach außen gelangen kann.
Anstrichmaterialien im Vergleich
Die beträchtlichen Unterschiede bei der Diffusionsfähigkeit verschiedener Anstrichsysteme möchte ich an einem einfachen Zahlenbeispiel deutlich machen. Je größer der Faktor, desto höher ist die Diffusionsfähigkeit der Materialien.
Öl- und Kunstharzlackfarben = 12
Latex-Fassadenfarben = 15
Dispersions-Fassadenfarben, wetterfest = 10 bis 15
Dispersions-Wandfarben, waschfest = 20
Acrylharz-Fassadenfarben, wetterfest = 25
Acrylharz-Wandfarben, waschfest = 30 bis 35
Silikonharz-Fassadenfarben = 85
Mineral- oder Silikatfassadenfarben = 92
Kasein-Wandfarben, wischfest = 95
Leim-Wandfarben, wischfest = 95
Die hier genannten Werte sind nicht zu verwechseln mit dem sd-Wert. Für Anstrichmaterialien können keine gültigen sd-Werte angegeben werden, denn Schichtdicke und Qualitätsstandard der verschiedenen Materialien sind kaum vergleichbar. Die obige Auflistung soll lediglich einem besseren Vergleich dienen.
diesem Weg nach außen gelangen kann. Ein diffusionsoffener Fassadenanstrich verhindert ebenso gut wie dichtere Anstriche das Eindringen von Außenfeuchtigkeit ins Wandgefüge, er lässt jedoch einen Feuchteaustausch zu. Innenwandfeuchtigkeit, die wegen des beträchtlichen Temperaturgefälles im Winter unter einem gewissen Druck steht, kann nach außen gelangen. Diffusionsoffene Anstrichsysteme sind somit in zweifacher Hinsicht vorteilhaft und daher meist auch bei Massivbauten den dichteren Systemen überlegen. Für die Innen- und Außenwandanstriche eines Fachwerkhauses eignen sich nur Anstrichsysteme mit einem Diffusions-Faktor ≥ 80.
Für den Außenbereich kommen somit nur mineralische Farben, auch Silikatfarben genannt, und Silikonharzfarben in Frage. Für den Innenanstrich können daneben auch Kaseinfarben und Leimfarben zum Einsatz kommen.
Für die Fachwerkbalken, Giebelverbretterungen und Holzverkleidungen aus Eiche wie auch aus Nadelholz gilt außen wie innen ebenfalls ein hoher Faktor ≥ 80. Offenporige Lasuren (nicht schichtbildend), auch Halbölanstriche (Leinöl/Terpentin 1:1) oder einfaches Speiseöl erfüllen diese Anforderung.
Für Fenster, Türen, Klappläden etc. können außen wie innen sowohl dichte als auch diffusionsfähige Anstriche gewählt werden wie z.B. offenporige Lasuren (auch schichtbildend), Acrylharzsysteme oder Kunstharzlacksysteme.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass unbehandeltes Eichenholz hochgradig witterungsbeständig ist. Ein Schutzanstrich ist daher nicht nötig, er wirkt sogar holzschädigend, wenn er zu dicht, also diffusionsbehindernd ist. Ein Anstrich der Eichenbalken sollte ausschließlich optischen Ansprüchen genügen, die bereits eine pigmentierte, dünnflüssige Lasur erfüllen kann. Hier gilt: Weniger ist mehr!
Es ist ein Trugschluss zu glauben, die unbehandelten Seiten eines Fachwerkbalkens sind durch Mauerwerk und Innenwandaufbau vor Witterungseinflüssen geschützt. Gerade sie nehmen ständig Feuchtigkeit auf, zum einen durch Tauwasser aus dem Wandaufbau, zum anderen bei Schlagregen durch feine Anschlussfugen und Ritzen zwischen Holz und Mauerwerk. Diese Feuchtigkeit muss das Holz wieder ausgleichen können. Dies geschieht über die nach außen gekehrte vierte Balkenseite. Wird sie durch einen Anstrich versiegelt, wird der notwendige Feuchteaustausch behindert oder ganz unterbunden. Es kommt zu einer Feuchteansammlung im Balken, die den Fäulnisprozess einleitet.
Ende der Ledeseprobe!
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